Die Arbeitsbelastung durch Entkriminalisierung - ein Erfahrungsbericht
Die Reprohibitionisten heulen in den Medien herum, wie sehr doch die arme Polizei durch die sogenannte "Legalisierung" überlastet sei wegen der ganzen Kontrollen und so. Auf der Plattform X hat ein Beamter das mal etwas eingenordet.
Textzitat: https://x.com/schorsch_king/status/1859954684230000926
Da in der kommenden Zeit der Wahlkampf immer intensiver geführt werden wird, möchte ich an dieser Stelle meine persönliche Erfahrung mit dem Cannabiskontrollgesetz mitteilen. Die Forderung der Union beinhaltet die Teillegalisierung wieder rückgängig zu machen.
Dies wird unter anderem mit der Sicherheitslage (Stichwort Organisierte Kriminalität) und mangelndem Jugendschutz begründet. Für viele ist es aber vielleicht interessant zu hören wie sich das Gesetz auf den Arbeitsalltages eines Verkehrspolizisten im Schichtdienst ausgewirkt hat.
WICHTIG! Hier handelt es sich um meine persönlichen Erfahrungen aus meinem eigenen kleinen Teilbereich der Polizei. Andere Kollegen bei der KriPo oder dem Revierdienst können ganz andere (schlechte?) Erfahrungen gemacht haben. Ich arbeite auf einem Autobahnabschnitt und in der Verkehrsunfallaufnahme. Wir führen regelmäßig Kontrollen im Bereich Alkohol und Drogen im Straßenverkehr durch. Ich bin beschult in der Drogenerkennung.
Bislang konnte ich weder bei der Unfallaufnahme noch bei Drogenfahrten (24a Stvg 316stgb) einen merkbaren Anstieg feststellen. Cannabiskonsum kommt nach wie vor in unserem Bereich wenig als Unfallursache vor. Persönlich kann ich mich in meinen Dienstjahren an nur wenige Einzelfälle erinnern, während Trunkenheitsunfälle tatsächlich Alltag sind.
Wie sich die Drogenfahrten zahlenmäßig mit dem neuen Grenzwert entwickeln wird sehr interessant zu beobachten sein. Aktuell lässt sich in meinem Arbeitsbereich aber definitiv keine Mehrbelastung an Arbeit feststellen durch die Teillegalisierung. Im Gegenteil. Seit dem 01.04 wurde ich in meiner Funktion als Sachbearbeiter massiv entlastet. Der Wegfall von reinen Besitzanzeigen nach dem BtmG hat sich sehr bemerkbar gemacht. Der Löwenanteil dieser Fälle ist auf Cannabis zurückzuführen.
Ein kurzer Einblick, ohne zuviel zu verraten. Sobald eine verwiegbare Menge an BTM aufgefunden wird muss der Stoff verwogen, verpackt, versiegelt, fotographiert, asserviert und speziell gelagert werden. Hier sind Arbeitsschritte notwendig die mehrere Stellen der Polizei in Anspruch nehmen und nicht an einem Arbeitstag erledigt werden können. Der einzelne Sachbearbeiter ist mitunter mehrere Stunden reicher Sachbearbeitung nur wegen eines Besitzverstoßes beschäftigt. Egal ob 1g oder 50g. Für mich persönlich war der Wegfall von 80-90% dieser Anzeigen eine große und sinnvolle Entlastung. Auch kommt man mit Konsumenten viel unkomplizierter ins Gespräch. Die Kommunikation verläuft offener. Wie stark sich das Gesetz auf den Schwarzmarkt ausgewirkt hat ist aus meiner Perspektive nicht zusagen. Ich hoffe darüber wird es belastbare Studien geben. Meine Meinung ist, dass jedes Gramm, jedes Kilo, jede Tonne legal angebautes Gras ein Schlag für die organisierte Kriminalität ist. Viel wirkungsvoller als alles was die Polizei mit umfangreichen Ermittlungen und Festnahmen erreichen kann.
Ich selbst konsumiere nicht und Cannabis ist nach wie vor eine psychoaktive Droge, welche gerade bei Jugendlichen großen Einfluss auf die Entwicklung nehmen kann. Auch cannabisinduzierte Psychosen sind real und gefährlich. Thc ist nicht harmlos! Trotzdem ist die Prohibition gescheitert und gehört endgültig abgeschafft und durch sinnvolle Jugendschutzgesetze und Kontrollmechanismen ersetzt.
Stammtischargument: Wenn selbst eine JVA kein drogenfreier Raum ist, dann kann man die Verbotspolitik getrost beenden.