Ist der Verkauf von Stecklingen illegal?
Eine Handreichung zur Umsetzung des KCanG in Deutschland bgzl. Vermehrungsmaterial.
Der Schlüssel zur Beantwortung der Frage liegt hier in den ungenauen Formulierungen des Gesetzes, die sich Konsumenten und gewerbliche Händler schon vor der sog. „Säule 2“ zunutze machen können.
Es gibt derzeit viel Verunsicherung (auch bei Behörden), ob der Verkauf von nicht blühenden Pflanzen legal sei. Das Gesetz regelt die Abgabe von Vermehrungsmaterial NUR FÜR ANBAUVEREINIGUNGEN, nicht für gewerblichen Handel (§20 KCanG)! Hier greift der Grundsatz der ALLGEMEINEN VERHALTENSFREIHEIT!
Die allgemeine Handlungsfreiheit ist ein aus Art. 2 Abs. 1 GG
der Bundesrepublik Deutschland abgeleitetes Grundrecht.
Die Frage, was Pflanzen und was Vermehrungsmaterialien sind, beantwortet das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit auf seiner Website [Link]:
"Wenn das BVL eine Indikation mit der Erläuterung "Jungpflanzen" oder "Jungpflanzenanzucht" versieht, dann sind damit Pflanzen in der Anzucht gemeint, die sich noch nicht am endgültigen Standort bzw. noch nicht in der Weiterkultur zur verkaufsfähigen Ware befinden. Es handelt sich also um Pflanzen, die noch nicht ins Freiland oder Gewächshaus ausgepflanzt sind oder um Pflanzen vor dem Topfen in den Endtopf. Die anschließend an den Endstandort verpflanzte Kultur ist dann keine Jungpflanze mehr. Junge Pflanzen von Kulturen, die in Direktsaat produziert werden, sind in diesem Sinne keine Jungpflanzen."
Dahingehend argumentiert, sind Stecklinge, die nicht im endgültigen Standort eingetopft sind, als VERMEHRUNGSMATERIAL zu betrachten, solange Sie nicht n. § 1 Nr. 8c KCanG Cannabispflanzen sind.
IST DER VERKAUF VON STECKLINGEN STRAFBAR?
Eine Frage, die in diesem Zusammenhang oft auftaucht, ist die, ob der Verkauf von Stecklingen nach dem KCanG überhaupt strafbar sein kann. Im KCanG ist der Verkauf von Stecklingen jedenfalls in §34 KCanG (Strafvorschriften) NICHT ERFASST.
Die Definition wird auch von Kommentaroren wie Welke und Prof. Dr. Oglakcioglu von der Kriminalpolitischen Zeitung (KriPoZ; Ausgabe 3/2024) geteilt, sie schreiben [Link]:
Der renommierte Rechtsanwalt und -gutachter Kai-Friedrich Niermann kommt in einem Gutachten [Link]für den Branchenverband Cannabiswirtschaft e.V. zu folgendem Ergebnis:
Die Definition für Stecklinge orientiert sich danach offensichtlich an der Definition von Cannabis in der Single Convention. Auch in der Single Convention wird Cannabis erst als (reguliertes) Cannabis definiert, sofern ein Blütenstand oder Fruchtstand vorhanden ist. [...] Anbauvereinigungen werden in ihrem Umgang mit Cannabissamen und Stecklingen eingeschränkt. Hieraus lässt sich aber nicht ableiten, dass ein gewerblicher Handel mit Cannabissamen und Stecklingen ausgeschlossen sein soll.
Das Einheitsabkommen über die Betäubungsmittel vom 30. März 1961 ("Singe Convention") besagt:
Artikel 1 b) Der Ausdruck „Cannabis" bezeichnet die Blüten- oder Fruchtstände der Cannabispflanze, denen das Harz nicht entzogen worden ist, und zwar ohne Rücksicht auf ihre Benennung; ausgenommen sind die nicht mit solchen Ständen vermengten Samen und Blätter.
Damit steht fest, dass der freie Verkauf von VERMEHRUNGSMATERIAL ("Stecklinge") ungeachtet der Tatsache, ob sie in Erde oder in Wasser stehen, legal ist und nicht sanktioniert werden darf.